Was ist ein digitaler Zwilling und wie kann er zur Produktivitätssteigerung beitragen?

Sehen wir uns zunächst die Definition von „digitaler Zwilling“ an. Einfach ausgedrückt ist ein digitaler Zwilling die virtuelle Darstellung eines physischen Gegenstands, Raums, Systems oder einer Dienstleistung. Es handelt sich um eine Kopie, die aus Code besteht und mit Daten aus realen Quellen gesteuert wird, daher aktualisiert und ändert sie sich genauso, wie es die ursprüngliche Version tun würde.
Digitale Zwillinge können zur Beschleunigung von Innovationen und Effizienzsteigerung beitragen sowie intelligentere Problemlösungen unterstützen. Das ist unsagbar wertvoll, wenn du deine Umsätze steigern, Kosten sparen und Nachhaltigkeitsziele erreichen möchtest.
Hier sehen wir uns die Definition genauer an, u. a., die verschiedenen Arten von digitalen Zwillingen, die Branchen, die sie einsetzen, und warum der Markt für digitale Zwillinge bis 2028 voraussichtlich einen Wert von 110,1 Mrd. USD haben wird.
Was ist die Technologie der digitalen Zwillinge?
Indem sie die Stärken der Virtual Reality (VR), der Mixed Reality (MR) und andere neue Technologien nutzen, ermöglichen digitale Zwillinge es Unternehmen, Produkte herzustellen, ihre Kapazität rasant zu skalieren, Mitarbeitende zu schulen und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Teams zu fördern. Sie geben uns einen virtuellen Blick in die Zukunft, indem sie Ergebnisse aufzeigen, noch bevor Zeit, Geld und andere Ressourcen aufgewendet wurden, um diese „in echt“ umzusetzen.
Digitale Zwillingen sind nicht nur eine 3D-Darstellung von Gegenständen oder Gegebenheiten in der realen Welt. Sie stützen sich auf Sensoren, die in wichtigen Funktionsbereichen der physischen Gegenstände und Räume platziert sind, die sie nachbilden. Diese Sensoren liefern Datenwerte in Echtzeit, um darzustellen, was gerade mit dem realen Gegenstück passiert.
Mithilfe der empfangenen Daten kann die digitale Zwillingstechnologie Simulationen generieren, die Performance analysieren und Verbesserungsvorschläge machen.
Hinter den Kulissen kommt eine hochkomplexe Technologie zum Einsatz. Auf diese Elemente stützen sich digitale Zwillinge:
- Mixed Reality (MR): Eine Mischung aus Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR).
- Maschinelles Lernen: Ein Zweig der künstlichen Intelligenz (KI), in dem menschliches Lernen mithilfe von Daten und Algorithmen imitiert wird.
- Generative KI (GenAI): Diese KI analysiert blitzschnell Daten, um Einblicke zu bieten, Voraussagen zu treffen oder alternative Ansätze vorzuschlagen.
- Internet der Dinge (IdD): Ein Netzwerk realer Geräte mit Sensoren und Software, die einen Datenaustausch untereinander ohne menschliches Eingreifen ermöglichen. Englisch auch Internet of Things (IoT).
- Cloud Computing: Computerressourcen, die bedarfsweise über das Internet verfügbar sind.
Zu welchen Zwecken wird Software für digitale Zwillinge eingesetzt?
Für die digitale Zwillingssoftware gibt es vielfältige Einsatzmöglichkeiten in vielen verschiedenen Branchen:
- Automobilindustrie: Sie unterstützt Hersteller beim Entwickeln und Testen von Fahrzeugen und hilft sogar, Kosten zu sparen, indem sie vorausschauend Instandhaltungsmaßnahmen ermittelt. Im Jahr 2022 wurden mit der Technologie 2,17 Mrd. USD erwirtschaftet; bis 2032 werden es Schätzungen zufolge 34,58 Mrd. USD sein.1
- Bauwesen: Bauunternehmen setzen digitale Zwillinge in der Gebäudeplanung, für die Optimierung von Entwürfen und zum Abbilden von Arbeitsabläufen ein, um Gefahren zu ermitteln und Sicherheitsrisiken zu reduzieren. Der globale Markt für digitale Zwillinge im Bauwesen (Baugewerbe, Ingenieurwesen und Architektur) soll zwischen 2023 und 2028 mit einer jährlichen Wachstumsrate von 36,9 % wachsen.2 Hier kannst du nachlesen, wie VR die Baubranche von Grund auf neu gestaltet.
- Energiesektor: Die Verbrauchsdaten von Strom- und Gaszählern werden an digitale Zwillinge weitergeleitet. So können die Anbieter die Nachfrage besser steuern. Mit digitalen Zwillingen können die Unternehmen Verbrauchsspitzen vorhersagen und entsprechende vorbereitende Maßnahmen treffen. Die jährliche Wachstumsrate im Markt für digitale Zwillinge in dieser Branche wird zwischen 2022 und 2027 voraussichtlich 32,5 % betragen.3
- Gesundheitswesen: Im Gesundheitswesen werden eine Vielzahl digitaler Zwillinge eingesetzt, die Patient*innen oder Organe abbilden, ebenso wie Krankenhäuser und medizinische Geräte und sogar Medikamente für Testdurchläufe. Im Jahre 2023 generierte die Technologie 1,6 Mrd. USD und diese Zahl soll bis 2028 auf 21,1 Mrd. USD steigen.4
- Produktherstellung: Der Vorreiter beim Einsatz von digitalen Zwillingen. Der Manufacturing Leadership Council berichtet, dass 58 % der Hersteller schon heute digitale Zwillinge einsetzen. Da viele von ihnen diese Technologie bereits früh eingeführt haben, ist die jährliche Wachstumsrate zwischen 2021 und 2030 mit 16,5 % relativ niedrig.5
- Luftfahrt: Digitale Zwillinge sorgen für beispiellose Innovationen in den Flughäfen. Indem es eine 3D-Karte des gesamten Geländes erstellte, konnte beispielsweise das Team am Vancouver International Airport Staupunkte ermitteln, festlegen, wo beim Check-in und in der Sicherheitskontrolle zusätzliche Unterstützung erforderlich ist, und Vorhersagen zum Verhalten bei Unregelmäßigkeiten im Betriebsablauf treffen.
Arten von digitalen Zwillingen
Die digitale Zwillingstechnologie lässt sich generell in vier Arten aufteilen:
Digitale Komponentenzwillinge
Dies sind die kleinsten digitalen Zwillinge. Komponentenzwillinge bilden einzelne Teile eines Produkts bzw. Assets nach. Sie können sogar in noch kleinere „Teilzwillinge“ heruntergebrochen werden. Sie ermöglichen Einblicke in das Zusammenspiel zwischen Einzelteilen und dem Ganzen. Gesamtstudien von digitalen Komponentenzwillingen liefern eine komplette Analyse zur voraussichtlichen Performance und können potenzielle Schwachstellen ermitteln.
Digitale Produktzwillinge
Produktzwillinge werden auch als Asset-Zwillinge bezeichnet. Sie führen zwei oder mehr Komponentenzwillinge zusammen, um das Zusammenspiel zwischen ihnen besser zu verstehen und so neue Einblicke zu gewinnen.
Digitale Systemzwillinge
Diese entstehen durch die Kombination von zwei oder mehr Produktzwillingen. Durch die Untersuchung der Beziehung zwischen den Produkten oder Assets erlangt man ein erstes Verständnis davon, wie ein gesamtes System funktioniert – z. B. die Kraftstoffversorgung von Flugzeugen –, um so besser fundierte Optimierungen durchzuführen.
Digitale Prozesszwillinge
Diese digitalen Zwillinge sind auf der höchsten Ebene angesiedelt. Prozesszwillinge führen zwei oder mehr Systeme zusammen, um so komplette Warenlager oder Fertigungsstraßen abzubilden. Diese großflächigen Nachbildungen sind maßgeblich für Entscheidungen auf höchster Ebene mit maximaler Auswirkung auf das Geschäft.
Digitale Zwillinge vs. Simulationen
Auf den ersten Blick gibt es große Ähnlichkeiten zwischen digitalen Zwillingen und Simulationen. Der Unterschied liegt in den Daten.
Statische Modelle vs. Modelle, die sich mitentwickeln
Eine Simulation ist ein virtuelles 2D- oder 3D-CAD-Modell, das rechnerunterstützt erzeugt wurde. Konstrukteur*innen bilden dabei einen bestimmten Teil oder Teile eines Gegenstands bzw. Prozesses nach, um dessen Performance zu testen. Änderungen an einer Simulation kann ein Unternehmen nur manuell vornehmen, entweder zu Beginn des Prozesses oder indem sie nachträglich eingearbeitet werden.
Digitale Zwillinge dagegen verändern sich im Laufe der Zeit. Sie bilden die Entwicklung in ihrem realen Gegenstück nach und nutzen dafür Echtzeitdaten. Mithilfe von maschinellem Lernen optimieren sich diese Modelle selbst, damit ihr reales Gegenstück besser funktioniert. Der gereifte digitale Zwilling erzeugt dann neue Daten, mit denen ein Unternehmen die Performance über einen längeren Zeitraum hinweg überwachen kann.
Theoretisches vs. praktisches Feedback
Wie genau eine Simulation ist, hängt davon ab, wie genau sie sein soll. Sie kann einen chemischen Prozess bei einer bestimmten Temperatur abbilden oder eine Fertigungsstraße, bei der die Bänder auf eine bestimmte Geschwindigkeit eingestellt sind. In beiden Fällen kann es sein, dass die Simulation die tatsächliche Performance nur ungenau abbildet.
Ein digitaler Zwilling dagegen nutzt Daten in Echtzeit, um die Entwicklungen an bzw. in einem physischen Objekt oder Raum abzubilden. Damit erhalten Unternehmen eine umfassende Vorstellung davon, wie ihre Systeme funktionieren, und können so letztendlich besser fundierte Entscheidungen treffen.
Digitale Zwillinge vs. virtuelle Zwillinge
Dank Mixed Reality können Unternehmen digitale Zwillinge in der dritten Dimension erleben – allerdings sind virtuelle Zwillinge und digitale Zwillinge nicht unbedingt das Gleiche.
Ein virtueller Zwilling muss immersiv sein: eine Umgebung, die sich in der Virtual Reality wahrnehmen lässt. Ob es sich dabei um ein statisches oder ein evolvierendes Modell handelt, ist für die Definition nicht relevant.
Ein digitaler Zwilling ist ein Modell, das sich abhängig von Echtzeitdaten weiterentwickelt. Ein solches Modell kann entweder virtuell oder auf einem gewöhnlichen 2D-Bildschirm dargestellt werden. Bei der digitalen Zwillingstechnologie geht es also nicht darum, dass der*die Nutzer*in in die Umgebung „eintaucht“. Da sie datengesteuert ist, ermöglicht es diese Technologie Organisationen, anhand von digitalen Abbildern Analysen durchzuführen, Vorhersagen zu treffen und Einblicke zu gewinnen.
Welche Vorteile bieten digitale Zwillinge?
Hier sind einige Argumente aufgeführt, warum eine Organisation die Investition in die Technologie der digitalen Zwillinge in Betracht ziehen sollte:
- Mehr Effizienz: Die digitale Zwillingstechnologie vereinfacht komplexe Informationen und Prozesse und unterstützt so Entscheidungsträger*innen beim Ermitteln von Engpässen und bei der Lösungsentwicklung. Je mehr Datenquellen ein Unternehmen in seinen digitalen Zwilling einfließen lässt, desto mehr Prozesse können feiner abgestimmt werden.
- Nachhaltigkeit: Mithilfe von digitalen Zwillingen lassen sich Emissionen überwachen, steuern und reduzieren sowie Optimierungs- und Energiesparpotenziale ermitteln. Capgemini zeigte in einer Studie, dass die digitale Zwillingstechnologie für 57 % der Organisationen kritisch für eine Optimierung ihrer Nachhaltigkeitsbemühungen ist.
- Bessere Teamarbeit: Systeme am Arbeitsplatz werden oft von räumlich getrennten Teams verwaltet. Wenn ihre jeweiligen Rollen im gesamten Prozess abgebildet sind, können Unternehmen Bereiche ermitteln, in denen sie Teams zusammenführen können. Ob sich dadurch Doppelarbeit vermeiden lässt oder sich zwei Teams gegenseitig ergänzen können: mit digitalen Zwillingen können Betriebsteams ihre Ressourcen optimal einsetzen.
- Risikofreie Schulungen: Digitale Zwillinge werden in Simulationsszenarien für die Schulung und Weiterbildung eingesetzt. Mitarbeitende können so Praxiserfahrungen in unterschiedlichen Situationen und mit verschiedenen Maschinen sammeln, ohne dass sie in Gefahr gebracht werden. Werden Änderungen an einer Maschine oder einem Prozess vorgenommen, so kann der digitale Zwilling entsprechend angepasst werden.
- Optimierte Prozesse: Dank Echtzeitdaten können Unternehmen die für ihre Produkte und Dienstleistungen erforderlichen Prozesse optimieren. Vorhersagen von GE zufolge lässt sich mit digitalen Zwillingen von Windkraftanlagen die Energieproduktion um bis zu 20 % steigern.6
- Bessere Produkte: Unternehmen, die digitale Zwillinge bereits einsetzen, berichten von einer um bis zu 25 % höheren Produktqualität.7 Da die virtuellen Nachbildungen datengestützt sind, können Entwickler*innen und Konstrukteur*innen während der Entwicklung besser fundierte Entscheidungen treffen.
- Größere Kund*innenzufriedenheit: Mit digitalen Zwillingen können Unternehmen vorausschauende Instandhaltungsmaßnahmen ausführen und so Störungen bei ihren Produkten oder Unterbrechungen bei ihren Dienstleistungen reduzieren. Außerdem können sie mithilfe von Echtzeitdaten zum Kund*innenverhalten die Produktnutzung nachverfolgen und einen effizienteren Kund*innenendienst sowie Reparaturen bieten.
- Schnellere Produktentwicklung: Mit digitalen Zwillingen lässt sich die Produktentwicklungszeit bis hin zur Marktreife um die Hälfte reduzieren.8 Produktentwicklungszeiten lassen sich dadurch verkürzen, dass Unternehmen nicht so sehr auf physische Prototypen angewiesen sind und somit weniger Zeit und Ressourcen für deren Entwicklung aufwenden müssen.
- Frühere Risikobewertung: Mit digitalen Zwillingen können Unternehmen schon in früheren Phasen eines Projekts Prüfungen auf potenzielle Risiken durchführen. Dabei könnte es etwa darum gehen, vor Zeiten mit hoher Nachfrage mögliche Lücken in der Lieferkette zu ermitteln, oder darum, die Schwachstellen in der Konstruktion eines Gebäudes zu finden, bevor der erste Spatenstich getan ist.
- Kostenersparnis: Trotz der anfänglichen Investitionskosten hat sich gezeigt, dass Unternehmen durch den Einsatz von digitalen Zwillingen schon nach kurzer Zeit ihre Kosten senken können. General Electric berichtete bereits 2018, dass diese Technologie seinen Kundschaft 1,05 Mrd. USD gespart hätte.9
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1 „Digital Twins in Automotive Market to Reach $34.58 Billion, Globally, by 2032 at 32.6% CAGR: Allied Market Research“ Allied Market Research, Zugriff am 30. Mai 2024, https://www.prnewswire.com/news-releases/digital-twins-in-automotive-market-to-reach-34-58-billion-globally-by-2032-at-32-6-cagr-allied-market-research-301897785.html.
2 „Digital Twin in Construction, Engineering, & Architecture Market“ Global Market Estimates, Zugriff am 30. Mai 2024, https://www.globalmarketestimates.com/market-report/digital-twin-in-construction-engineering-architecture-market-4145.
3 „Metaverse/Digital Twin in Energy Industry Market“ Global Market Estimates, Zugriff am 30. Mai 2024, https://www.globalmarketestimates.com/market-report/metaverse-digital-twin-in-energy-industry-market-3750.
4 „Digital Twins in Healthcare Market Size, Share & Trends by Component (Software, Services), Application (Personalized Medicine, Drug Discovery, Medical Education, Workflow Optimization), End User (Providers, Research & Academia, Payers), and Region – Global Forecast to 2028“ Markets and Markets, Zugriff am 30. Mai 2024, https://www.marketsandmarkets.com/Market-Reports/digital-twins-in-healthcare-market-74014375.html.
5 „Digital Manufacturing Market Size, Share, Competitive Landscape and Trend Analysis Report by Component, Technology and Application: Global Opportunity Analysis and Industry Forecast, 2021-2030“ Allied Market Research, Zugriff am 30. Mai 2024, https://www.alliedmarketresearch.com/digital-manufacturing-market-A11759.
6 „GE Launches the Next Evolution of Wind Energy Making Renewables More Efficient, Economic: the Digital Wind Farm“ GE, Zugriff am 30. Mai 2024, https://www.ge.com/news/press-releases/ge-launches-next-evolution-wind-energy-making-renewables-more-efficient-economic.
7 „Digital twins: The key to smart product development“ McKinsey & Company, Zugriff am 30. Mai 2024, https://www.mckinsey.com/industries/industrials-and-electronics/our-insights/digital-twins-the-key-to-smart-product-development.
8 „GE Launches the Next Evolution of Wind Energy Making Renewables More Efficient, Economic: the Digital Wind Farm“ GE, Zugriff am 30. Mai 2024, https://www.ge.com/news/press-releases/ge-launches-next-evolution-wind-energy-making-renewables-more-efficient-economic.
9 „Digital twins: The key to smart product development“ McKinsey & Company, Zugriff am 30. Mai 2024, https://www.mckinsey.com/industries/industrials-and-electronics/our-insights/digital-twins-the-key-to-smart-product-development.