Wie würdest du reagieren, wenn sich dir jemand als Entwickler*in für Extended Reality (XR) vorstellt? Wärst du verwirrt? Irritiert? Oder interessiert? All das waren unsere Reaktionen, als wir Leah Kallen kennenlernten.
Kallen, die zurzeit für Meta arbeitet, ist XR-World-Entwicklerin bei Gravity Media, wahren Pionieren der Extended Reality. Sie visualisiert seit Jahren Erlebnisse für Unternehmen, bearbeitet Entwürfe und erschafft Bühnenbilder.
An dieser Stelle sind wir gleich wieder etwas ratlos. Verwirrt fragen wir uns: „Warum Bühnenbilder?“
Zunächst fragt Kallen, ob wir von Greenscreens gehört haben. Sie erklärt, dass dank Extended Reality auf diesen grünen Hintergrund verzichtet werden kann. Stattdessen wird hinter dem*der Schauspieler*in auf einer riesigen LED-Leinwand in Echtzeit eine virtuelle Umgebung angezeigt. So kann die Kamera den*die Schauspieler*in und die virtuelle Umgebung gleichzeitig erfassen, ohne dass der Hintergrund in der Postproduktion eingefügt werden muss. Langsam wird klar, was ein*e XR-World-Entwickler*in macht.
Dank ihrer Rolle bei Gravity Media und Lehrverpflichtungen an der San Francisco State University hat Kallen einen vollen Kalender. Trotzdem hat sie sich Zeit genommen, um mit uns über die Entwicklung von XR-Worlds für Unternehmen zu sprechen.
Meta for Work Explores: Kannst du uns erzählen, wie du XR-Designerin geworden bist?
Leah Kallen: In der Grad School konnte ich einen XR-Studio-Kurs absolvieren. Ich wusste damals nicht, was Extended Reality ist, aber ich war schnell begeistert.
Eine*r meiner Professor*innen bot mir damals ein Praktikum in seinem*ihrem Startup an, das gerade eine XR-Bühne eingeführt hatte. Ich war beeindruckt: „Das klingt toll! Wie funktioniert es?“ Darauf hatte niemand eine Antwort. Aber meine Aufgabe war es, das herauszufinden.
So bin ich zu meiner ersten Stelle gekommen. Und als sich mir die Chance bot, bei Gravity Media mit einem größeren Team an einer fortschrittlicheren Bühne zu arbeiten, wollte ich sie unbedingt ergreifen. So bin ich hierher gekommen.
Wie sieht der Alltag eines*einer World-Entwickler*in aus?
LK: Ein häufiger Irrtum ist, dass ich als World-Entwicklerin die Welten von Grund auf erschaffe. Oftmals stammen die Worlds von Agenturen. Meine Aufgabe ist es dann, sie zu integrieren und für die Bühne anzupassen.
Die Fehlerbehebung nimmt einen größeren Teil meiner Arbeitszeit ein. Ich arbeite viel an der Beleuchtung und daran, die Kompatibilität zwischen den Signalen und der Videoleinwand zu gewährleisten. Doch in erster Linie kümmere ich mich um die Integration von Umgebung und Bühne.
Sobald der Hintergrund korrekt angezeigt wird, suche ich nach potenziellen Fehlern oder Problemen bei der Aufnahme. Dabei ist ein Auge fürs Detail entscheidend. Ich nehme Anpassungen vor, um alle Markenrichtlinien einzuhalten und die gestalterische Vision der World zu transportieren.
Das ist also meine Rolle – der letzte Feinschliff einer World, bevor sie auf der Bühne ausgespielt wird.
MFWE: An welchen Arten von Projekten arbeitest du? Welche machen dir am meisten Spaß?
LK: Ein vor Kurzem veröffentlichtes VR-Spiel hat mir sehr viel Freude bereitet. Wir durften mit einer der Hauptentwicklerinnen des Spiels zusammenarbeiten, die hier Einblicke zu unserer Bühne gibt.
Für mich war die Erfahrung besonders lehrreich, weil ich gemeinsam mit manchen der VFX-Supervisor*innen Lösungen ausarbeiten konnte, um diese Worlds in unsere Bühne zu integrieren. Als VR-Enthusiastin war es für mich wirklich toll, das VR-Spiel auf der Bühne zu sehen.
Die „Einblicke mit Entwickler*innen“ waren besonders interessant, da echte VR-Spielumgebungen des ganzen Teams und Unternehmens im Fokus standen. Die Qualität ihrer Arbeit war wirklich beeindruckend.
MFWE: Welchen geschäftlichen Anwendungsfällen für 3D-Welten begegnest du in deiner Arbeit am häufigsten?
LK: Wir nutzen 3D-Worlds für die Videoproduktion, aber dieselben 3D-Welten sind auch für interaktive Medien wie Spiele geeignet. Außerdem lassen sie sich extrahieren und für eigene Animationssequenzen nutzen.
Daneben nutzen wir unser Angebot auch als Vorschau-Tool zur Visualisierung von Erlebnissen und Architektur. Ich unterrichte einen VR-Kurs an der San Francisco State University, wo wir damit VR-Design-Erlebnisse simulieren, um in virtuellen Prototypen die Designs und Erlebnisse zu testen, ohne echte Prototypen entwickeln und fertigen zu müssen. All das funktioniert mit nur einem VR-Headset und schafft eine experimentelle Herangehensweise, die in der realen Welt nicht möglich wäre.
MFWE: Welche geschäftlichen Vorteile bietet es, diese Welten in Extended Reality zu entwickeln statt in 2D?
LK: In der virtuellen Welt ist es ganz einfach, Dinge zu ändern. Beim traditionellen Rendering als Video kann dies Stunden dauern. In der XR lassen sich Änderungen sofort vornehmen. Nehmen wir an, dem*der Regisseur*in gefällt eine Vase in der Szene nicht und er*sie bittet darum, diese umzustellen und durch ein anderes Objekt zu ersetzen. Das können wir nun in Echtzeit erledigen. Die Änderungen sind sofort auf dem Bildschirm zu sehen. Somit wird die Ideenfindung stark beschleunigt.
Das sofortige Prototyping und Testen beschleunigt unsere Abläufe. Andererseits stehen viele Arbeitsschritte nun ganz am Anfang, die früher Teil der Postproduktion waren. Zwar müssen zum Beispiel kreative Entscheidungen früher getroffen werden, doch dafür profitieren wir am Set von einer größeren Flexibilität.
MFWE: Du bist eine Pionierin der Extended Reality und arbeitest schon von Anfang an damit. Wie hast du diese Technologie erlebt?
LK: Ich liebe sie. Ich bin die Art von Mensch, die ständig neue Dinge lernen will. Bei der Arbeit mit neuen Medien muss man sich daran gewöhnen, ständig mit Ungewohntem konfrontiert zu sein und immer Neues zu lernen.
Für mich sind das perfekte Arbeitsbedingungen, weil ich immer sofort etwas Neues lernen will, sobald ich etwas verstanden habe. Es fühlt sich nie nach Routine an. Es gibt immer etwas zu verstehen, ich kann mich ständig weiterentwickeln.
MFWE: Wie fühlt es sich an, einen Kurs an der San Francisco State University zu geben, der sich im ständigen Wandel befindet?
LK: Es gibt definitiv viel zu tun. Als ich meinen Kurs zum Semesterbeginn vorbereitet habe, war ich noch unsicher, wie viel von meinem Toolkit aus dem letzten Semester durch die neue Version von Unity unbrauchbar geworden war. Nun, es war komplett veraltet.
So konnte ich mir direkt neue Fähigkeiten aneignen und Tools kennenlernen, die es im Jahr zuvor noch nicht gab. Ich muss als Dozentin also immer die neuesten Entwicklungen kennen. Mein Unterricht soll nach Möglichkeit die neuesten Technologien abbilden und den Umgang damit zeigen.
Leahs Beispiel zeigt, dass der Einsatz von Extended Reality für virtuelle Welten und immersive Erlebnisse nur eine von vielen Anwendungsmöglichkeiten dieser innovativen Technologie ist, die Unternehmen neue Chancen eröffnen. Finde heraus, wie Lösungen für Kreativität und Design dazu beitragen, die Arbeitswelt zu revolutionieren und unser Potenzial voll auszuschöpfen.