PFIZER
Mithilfe eines digitalen Zwillings einen weltweit verfügbaren Impfstoff entwickeln
Wie schult man Mitarbeitende für die Produktion eines lebensrettenden Impfstoffs ohne Zugang zur Herstellungsanlage? Für Pfizer lag die Antwort auf der Hand: Das Unternehmen erstellte einen digitalen Zwilling der Produktionsanlage und entwickelte VR-Schulungsmodule. So konnte die Einarbeitung um 40 % beschleunigt werden.
Der Pharmariese Pfizer benötigt im Durchschnitt zwölf Jahre, um neue Arzneimittel zu entwickeln und Durchbrüche zu erzielen, die das Leben von Patient*innen entscheidend verändern. Im Jahr 2020 erhielt das Unternehmen allerdings schon neun Monate nach seiner Ankündigung, einen COVID-19-Impfstoff zu entwickeln, von der Weltgesundheitsorganisation die Zulassung für das lebensrettende Arzneimittel.
Nach der erfolgten Zulassung richtete sich die Aufmerksamkeit auf die Herstellung. Um die weltweite Nachfrage decken und der Pandemie ein Ende bereiten zu können, war es unerlässlich, die Mitarbeitenden zu schulen, die Arbeitsabläufe zu optimieren und die Produktionszahlen zu steigern. Für Pfizer stand fest, dass die größte medizinische Herausforderung des 21. Jahrhunderts auch eine Lösung aus dem 21. Jahrhundert erforderte.
Herausforderungen in der Produktion während einer Pandemie
Um die Nachfrage nach dem neuen Impfstoff decken zu können, musste Pfizer seine Produktion zügig hochfahren und gleichzeitig neue Anlagenbediener*innen in die Produktionsabläufe einarbeiten. Dabei gab es zwei große Problembereiche:
1. Eingeschränkte Verfügbarkeit der Produktionsanlagen für Schulungszwecke
1. Eingeschränkte Verfügbarkeit der Produktionsanlagen für Schulungszwecke
Bei seiner Strategie, die hohe Nachfrage nach dem Impfstoff zu decken, konzentrierte sich Pfizer vor allem auf die Einarbeitung neuer Anlagenbediener*innen für den Herstellungsprozess. Vor der Pandemie hätte diese Schulung direkt an der Anlage stattgefunden. Die Lockdowns, die viele Betriebe zum Stillstand zwangen, brachten jedoch auch für die Produktionsstätten von Pfizer gewisse Einschränkungen mit sich.
Die Produktion lief rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. Für die Anzahl der Mitarbeitenden, die sich in den Gebäuden aufhalten durften, galten dabei strikte Grenzen. Das machte die Schulung neuer Anlagenbediener*innen fast unmöglich. Bei der Suche nach einer Lösung war also Einfallsreichtum gefragt.
2. Komplexe Herstellungsprozesse
2. Komplexe Herstellungsprozesse
Die Arzneimittelherstellung ist immer komplex. Bei der Produktion des Impfstoffs gab es allerdings sowohl für neu eingestellte als auch für erfahrene Anlagenbediener*innen neue Abläufe zu beachten. Unabhängig davon, ob es um das Verständnis eines ausführlichen Verfahrenshandbuchs, den Umgang mit hochspezialisierten Geräten oder die korrekte Einhaltung der guten Herstellungspraxis geht, benötigen die Trainees viele praktische Übungen und die Unterstützung von fachkundigen Schulungsleiter*innen, um die notwendigen Kompetenzen zu erlangen.
Nicholas Hockley,
Manager,
Smart Factory Technology,
Pfizer
“
Die Einarbeitung dauerte sechs bis acht Monate. Vor allem deshalb, weil sich der Zugang zur Produktionsanlage schwierig gestaltete.
Wie Pfizer mithilfe von VR seine Mitarbeitenden schulte und die Impfstoffproduktion vorantrieb
Aufgrund der immensen Impfstoffnachfrage, der erhöhten Komplexität, um eine Ausbreitung von COVID-19 zu verhindern, sowie der rund um die Uhr voll ausgelasteten Produktionsstätten war die Schulung des Fachpersonals an den Anlagen auf gelegentliche Unterbrechungen der Produktion beschränkt. Um dieses Problem zu lösen, entschied sich das Digital Manufacturing 4.0 Smart Factory Team von Pfizer für die Nutzung von VR.
Pfizer hatte Headsets schon seit 2018 im Einsatz. Nun hatte allerdings die Stunde geschlagen, VR-Schulungen in einem völlig neuen Umfang durchzuführen. Um seine Produktion voranzutreiben, setzte das Unternehmen die Technologie auf drei verschiedene Arten ein:
1. VR-Umgebungen
1. VR-Umgebungen
Im Rahmen eines Machbarkeitsnachweises erstellte Pfizer zunächst digitale Zwillinge von realen Standorten. Als das Smart Factory Team 2019 die Produktionsanlagen in 3D scannte, war nicht im Geringsten abzusehen, welche Bedeutung dies nur ein Jahr später haben würde.
Nach dem Ausbruch der Pandemie dienten die Scans als Grundlage für die Erstellung immersiver 3D-Umgebungen. In diesen konnte das VR Training Development Team von Pfizer maßgeschneiderte VR-Schulungen zu einer breiten Palette von Arbeitsabläufen durchführen. Mithilfe dieser VR-Umgebungen konnten die Bedingungen in der Produktion simuliert und die Anlagenbediener*innen auf ihre alltäglichen Aufgaben vorbereitet werden, ohne die Arbeit der anderen Mitarbeitenden zu behindern. Unter der Aufsicht von Schulungsleiter*innen, die über eine Qualifikation für die „Gute Herstellungspraxis“ verfügen, wurden in großem Stil und standortunabhängig Anlagenbediener*innen auf der ganzen Welt ausgebildet.
„Das 3D-Scannen ist ein wesentlicher Bestandteil unserer VR-Entwicklungspipeline. Erst dadurch ist es möglich, hyperrealistische VR-Umgebungen für Schulungen zu schaffen.“ (Nicholas Hockley, Manager, Smart Factory Technology, Pfizer)
„Durch diese Technologie konnten unsere Anlagenbediener*innen nicht nur 40 % schneller in die Produktion einsteigen, sondern sich das erworbene Wissen auch besser merken. Zusammen mit der verringerten Fehlerquote zeigt das, dass diese Technologie das richtige Tool für die Aufgabe war.“ (Ronan Kelly, Global Director, Smart Factory, Pfizer)
Neben Schulungen wurden die virtuellen Umgebungen auch für technische Reviews, Onboarding und Due-Diligence-Prüfungen genutzt. Darüber hinaus verwendet dasselbe innovative Team von Pfizer die digitalen Zwillinge, um AR-Erlebnisse zu entwickeln und bereitzustellen.
2. VR-Produktionsschulung
2. VR-Produktionsschulung
Pfizer verwandelte ein 100-seitiges Handbuch mit Standardvorgehensweisen in eine Reihe von VR-Schulungs-Apps, um eine immersive und praxisorientierte Lernerfahrung zu schaffen. Indem die Einarbeitung abseits der ausgelasteten Impfstoff-Abfüllanlagen durchgeführt wurde und die Bediener*innen die Möglichkeit hatten, die Schulungsaufgaben selbstständig zu wiederholen, konnten die Mitarbeitenden von Pfizer in einer praxisnahen und weniger stressigen Umgebung ihre Kenntnisse erweitern.
„Sie hatten dadurch die Möglichkeit, Abläufe beliebig oft zu wiederholen, für die sie an der echten Anlage manchmal vier, fünf oder sechs Wiederholungen bräuchten, um sie sicher zu beherrschen.“ (Nicholas Hockley, Manager, Smart Factory Technology, Pfizer)
3. VR-Verhaltenstraining
3. VR-Verhaltenstraining
Bei der Herstellung eines Impfstoffs ist es für die Anlagenbediener*innen besonders wichtig, dafür zu sorgen, dass die Umgebung und die Produktionsanlage steril bleiben. Die Meta Quest bietet haptische Features und unterstützt das Tracking der Handgeschwindigkeit. So konnte das Team von Pfizer das Bedienpersonal in den ordnungsgemäßen aseptischen Verfahren schulen, um eine sterile Umgebung zu gewährleisten.
Von Vibrationen bei zu schnellen Bewegungen bis hin zu Rückmeldungen über den Winkel beim Einsetzen von Instrumenten – die Funktionen der Geräte spielten eine wichtige Rolle bei der Herstellung sicherer Impfstoffe, die auf der ganzen Welt eingesetzt werden.
Nicholas Hockley,
Manager,
Smart Factory Technology,
Pfizer
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Sie hatten dadurch die Möglichkeit, Abläufe beliebig oft zu wiederholen, für die sie an der echten Anlage manchmal vier, fünf oder sechs Wiederholungen bräuchten, um sie sicher zu beherrschen.
Gründe für Meta Quest
Als die Welt in Not war und Pfizers Unterstützung benötigte, entschied sich das Smart Factory Team des Unternehmens für ein VR-Headset, auf das es sich verlassen konnte. Hier sind fünf gute Gründe, weshalb die Wahl auf Meta Quest fiel:
- Vertrauenswürdigkeit und Bekanntheit des Produkts
- Kontinuierliche Verbesserung der Technologie
- Kabelloses, unkompliziertes Produktdesign
- Einfache Einrichtung für alle Nutzer*innen
- Kostengünstige Preisgestaltung
Pfizer und Meta Quest
Im Zuge von Pfizers Bemühungen, die neuesten und besten Technologien am Arbeitsplatz einzusetzen, führte das Smart Factory Team 2018 VR-Headsets im Unternehmen ein. Bis 2020 wurde – auch aufgrund der Pandemie – ein internes VR-Schulungs- und Entwicklungsteam aufgebaut, um das Potenzial der Technologie voll auszuschöpfen.
Mittlerweile besitzt der Pharmariese über 200 Meta Quest 1-Headsets und 600 Meta Quest 2-Headsets. Momentan werden zwischen 500 und 600 Personen an drei Standorten mithilfe der VR geschult: in Kalamazoo, Michigan, in McPherson, Kansas, und in Newbridge, Irland.
„Wir gehen Partnerschaften dann ein, wenn es in Bezug auf die Software- und Hardwaretechnologien sinnvoll ist.“ (Ronan Kelly, Global Director, Smart Factory, Pfizer)
Bei der Wahl eines Partners führte Pfizer eine umfassende Due-Diligence-Prüfung durch. Zu den Gründen, weshalb sich das Unternehmen für Meta Quest-Geräte entschied, gehören unter anderem folgende:
1. Vertrautheit
1. Vertrautheit
Meta Quest ist einer der bekanntesten Namen in der VR-Branche – wenn es nicht sogar die bekannteste Marke überhaupt in dem Bereich ist. Die Geräte sind für ihre erstklassigen immersiven Erlebnisse im Gaming bekannt und Pfizer ist überzeugt, dass die Vertrautheit mit dem Produkt dazu beiträgt, die Akzeptanz bei neuen Nutzer*innen zu fördern.
„Bei unserer Suche nach der richtigen Technologie hatten wir das Netz weit gespannt. Und obwohl VR und Quest allgemein eher als kommerzielles Angebot wahrgenommen werden, wissen wir um die Möglichkeiten, die sie unseren Schulungsteams bieten können.“ (Ronan Kelly, Global Director, Smart Factory, Pfizer)
2. Technologischer Fortschritt
2. Technologischer Fortschritt
Von Metas erstem VR-Headset bis hin zur Quest Pro – die kontinuierlichen Leistungsverbesserungen haben dazu beigetragen, Meta als führendes Unternehmen auf dem Gebiet der VR zu etablieren. Für Nicolas Hockley von Pfizer sind die technologischen Fortschritte ein weiterer Grund, in eine große Anzahl von Meta Quest-Geräten zu investieren.
„Wir entwickeln seit der Oculus Rift Apps für die VR. Jede neue Generation hat einen Fortschritt in die richtige Richtung gebracht.“ (Nicholas Hockley, Manager, Smart Factory Technology, Pfizer)
3. Formfaktor
3. Formfaktor
Das schlichte, aber funktionale Design von Meta Quest überzeugte auch das Team von Pfizer. Die kabellosen Headsets müssen nicht an einen leistungsstarken Computer angeschlossen werden und sind damit ein völlig unabhängiges System für die Darstellung von 3D-Umgebungen. Die Handhabung der Headsets ist denkbar einfach. Sie lassen sich unkompliziert einrichten und können ganz leicht im großen Stil weltweit genutzt werden. Gerade das ist für Pfizer besonders interessant.
„Dadurch, dass man sich nicht mit Kabeln herumschlagen muss, ist das Erlebnis für die Nutzer*innen viel angenehmer und natürlicher. Auch die Einrichtung gelingt so im Handumdrehen. Das ist wichtig, wenn man den Einsatz ausweiten will.“ (Nicholas Hockley, Manager, Smart Factory Technology, Pfizer)
4. Erschwinglichkeit
4. Erschwinglichkeit
Meta Quest 2-Geräte stellen den Großteil der Headsets von Pfizer dar. Der günstige Anschaffungspreis erlaubte dem Pharmaunternehmen die Investition in eine größere Anzahl von Geräten und beseitigte eine Einstiegshürde, die andernfalls die Innovation gebremst hätte.
Die wichtigsten Ergebnisse
Im Jahr 2022 konnte Pfizer seine Zusage erfüllen, weltweit mehr als 4,5 Milliarden Dosen seines COVID-19-Impfstoffs herzustellen. Möglich wurde dies vor allem durch den innovativen Schulungsansatz des Unternehmens.
So konnte Pfizer allein durch die Einführung von VR in einem seiner globalen Liefergebiete Schulungszeiten um 40 % reduzieren.
Neben dem Einsatz im Zusammenhang mit dem Impfstoff bot das Pharmaunternehmen 40 Teammitgliedern außerhalb der Arzneimittelproduktion die Möglichkeit, an einem virtuellen Workshop im Metaversum teilzunehmen. In einer 3D-Nachbildung einer Schulungsanlage in Kalamazoo lernten die Teilnehmer*innen die Abläufe für die Herstellung steriler Injektionsmittel kennen.
Auf die Frage, ob sie diese Inhalte lieber in der VR oder in einem Videoanruf vermittelt bekommen möchten, stimmten 90 % für die VR. Weitere 87 % beschrieben das Erlebnis als unterhaltsam und angenehm.
„Die Schulung war sehr intuitiv und praxisnah. Das hilft mir persönlich besser als E-Learning, die Abläufe zu verstehen.“ (Teilnehmende*r der VR-Schulung von Pfizer)
„Als ich meine Stelle als Schulungsleiter bei Pfizer antrat, war es mein Ziel, die bisherige Ausbildungspraxis entscheidend zu verbessern. Die Zusammenarbeit mit dem Virtual Twin und dem Virtual Reality Team hilft uns, Grenzen zu überwinden und die Einarbeitung auf ein ganz neues Level zu heben.“ (Troy Hinds, Digital Development and Training Lead, Pfizer)
Troy Hinds,
Digital Development and Training Lead,
Pfizer
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Die Zusammenarbeit mit dem Virtual Twin und dem Virtual Reality Team hilft uns, Grenzen zu überwinden und die Einarbeitung auf ein ganz neues Level zu heben.
Herausforderungen in der Produktion während einer Pandemie
Pfizer hat große Pläne für die VR. Das Smart Factory Team entwickelt und testet nicht nur Inhalte für die Meta Quest Pro, sondern baut auch ein unternehmenseigenes Metaversum auf. Mitarbeitende können dort virtuelle Veranstaltungen, Meetings, Schulungen und vieles mehr abhalten.
In einer Zeit, in der die reale Welt immer mehr mit der virtuellen verschmilzt, eröffnet das PfizerVerse neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit und Schulung. Genauso fördert es neue Denkansätze und sorgt für mehr Effizienz.
Und was rät Pfizer anderen Unternehmen für die ersten Schritte mit VR?
„Der Fokus sollte auf dem größten Problem mit dem höchsten ROI liegen – und nur darauf.“ (Ronan Kelly, Global Director, Smart Factory, Pfizer)
Anstatt die Nutzung von Headsets für seine Mitarbeitenden verpflichtend zu machen, führte Pfizer neue Technologien dort ein, wo sie am sinnvollsten waren. Als Fachkräfte über einen längeren Zeitraum in der Produktion angeleitet werden mussten, stellten sich Tablets mit Augmented Reality als die beste Lösung heraus und ebneten den Weg für ein immersiveres Erlebnis an anderen Stellen.